Schaue dich an
durchs Gitter meiner Wünsche,
dich geheimnisvolle Lust.
Bin mir nicht sicher,
ob ich dich will und weiß doch,
dass schon längst du mich hast.
Legst mir heimlich
die Lunte ins dämmernde Herz,
zündest das Feuerwerk
der Begierde,
bis Erfüllung
den Himmel verheißt
und als Funken gelandet
am Boden erlischt.
Hast dich davongemacht,
du begehrte Lust,
mir nur die Sehnsucht
nach dir hinterlassen.
Wie gut, dass wenigstens dich
ich hab, geliebtes Sehnen.
Im Schein deines Lichts
find ich Wege zu mir.
Bist genauso blau wie wir
„Also, nicht dass ich was gegen euch hätte, aber ich glaube, ich muss hier weg“, sagte die mittlere Vase.
„Wieso das denn?“, fragte die linke.
„Weil ich überhaupt nicht zu euch passe.“
„Quatsch, sieh dich doch mal an, du bist genauso blau wie wir.“
„Ja, okay, aber ansonsten total anders.“
„Ist mir noch gar nicht aufgefallen.“
„Mal ne Frage“, sagte die rechte Vase, „bist du tatsächlich anders als wir, oder willst du es nur sein?“
„Ich will es, weil ich glaube, dass ich es bin.“
„Auf dem Trip war ich auch mal.“
„Wieso war?“
„Weil’s nichts brachte: Als ich anders als ihr sein wollte, merkte ich, wie sehr ich euch glich.“
„Und nun?“
„Bin ich bei euch und zugleich ganz ich.“ ?
Diese Offenheit
„Steht dir richtig gut“, sagte der Baum.
„Was?“, fragte das Fenster.
„Deine Offenheit.“
„Was findste denn daran so schön?“
„Dass ich endlich mal nicht nur dein Äußeres sehe.“
„Magste mein Äußeres denn nicht?“
„Doch, durchaus, aber was ich jetzt entdecke, ist was ganz Besonderes.“
„Was denn?“
„Die Schönheit, die in dir ist.“
Neue Einsicht eines alten Fensters
„Sag mal, kapierst du das?“, fragte das linke Fernster das rechte.
„Was?“
„Dass die nie hier sind.“
„Wer?“
„Sie und er.“
„Ach so. Ja, die fühlen sich halt überall zu Hause.“
„Könnt ich nicht.“
„Ist aber gar nicht so schlecht.“
„Wieso?“
„Überleg doch mal: Wer sich überall zu Hause fühlt, kann nie fremdgehen.“ ?
Schon ewig unberührt
„Was stehste so verloren rum?“, fragte das Fenster den Schuh.
„Weil ich’s bin: total verloren.“
„Wie meinste das?“
„Schlüpft doch schon ewig kein Fuß mehr in mich rein.“
„Dann ist aber auch schon ewig keiner mehr mit dir durch ’n Dreck gelatscht.“
„Was ist eigentlich mit dir?“, fragte der Schuh. „Ich meine von wegen Dreck. Siehst mir auch ziemlich vergessen aus. Transparenz ist jedenfalls was anderes.“
„Stört mich überhaupt nicht“, sagte das Fenster.
„Wieso nicht?“
„Weil viele nur von Transparenz reden, um Offensichtliches zu vernebeln. Gut, dass ich da nicht mehr mitmachen muss.“ ??
Sie nimmt die Falschen mit ins Bett
„Sie hielt’s nicht bei mir aus. Hab wohl wieder alles falsch gemacht“, sagte das Bett.
„Stimmt nicht.“
„Woher willste das wissen?“
„Hab doch alles mit angesehen“, sagte das Fenster.
„Was hast du gesehen?“
„Dass sie die Falschen mit ins Bett nimmt. Mit denen kann keiner ruhig schlafen.“
„Pardon, sie war allein“, sagte das Bett.
„War sie nicht. Ihre Unzufriedenheit war bei ihr.“
„Okay, aber die wird man nicht einfach los.“
„Man kann sie fallenlassen.“
„Aha. Wie denn das?“
„Sehen, dass sie sinnlos ist. Alle Unzufriedenheit. Versuch mal, sie zu befriedigen. Die wird nur gefräßiger.“
„Was frisst sie denn?“, fragte das Bett.
„Das Heute.“
Erfüllende Leere
„Diese ewige Leere macht einen ja ganz fertig“, sagte die rechte Schüssel zur linken.
„Find ich eigentlich gar nicht so schlecht“, sagte die linke.
„Hey, du hast wohl ’n Sprung! Von so ’ner Leere hat man doch nix.“
„Kann ich nicht behaupten.“
„Wie bitte? Was haste denn davon?“
„Platz für Erfüllung.“ ?
Das Schönste
„Zieh dich aus“, sagte der Sommer, „und dann gib mir dein Zeug. Du brauchst es nicht.“ „Was willst du damit?“
„Ich will es zeigen.“
„Wem denn?“
„Allen, die einen Blick dafür haben.“
„Blick für was?“
„Für das Geheimnisvolle. Es ist doch das Schönste, was wir erleben können.“
Dann wirst du duften
„Na, du altes Haus, zeigst dich ja wieder mal verführerisch offen. Haste keine Angst, dass jeder in dein Inneres schaut?“
„Eigentlich nicht“, sagte das Haus zur Rose. „Aber sag mal, wie geht es dir denn heute, an diesem sonnigen Tag an meiner warmen Wand?“
„Ging schon mal besser“, sagte die Rose.
„Wieso?“
„Ach, alle latschen nur an mir vorbei und keiner schaut mich an.“
„Das lässt sich ändern“, sagte das Haus.
„Und wie?“
„Hör einfach auf, dicht zu machen. Öffne deine zarten Knospen und zeig etwas mehr von deiner inneren Schönheit.“
„Und dann?“
„Dann wirst du duften und der Welt die Augen öffnen.“
So gern hätte er Licht gemacht
Er konnte sie kaum noch erkennen, so schummrig war das Licht in ihrem Zimmer. Alles, was er so gern an ihr betrachtete, bedeckte der Abend mit dem grauen Vlies des davonziehenden Tages. So gern hätte er Licht gemacht, aber er wusste, dass sie es nicht brauchte. Ihre dunkle Brille verbarg Augen, die nie etwas gesehen hatten. Als er sich aufmachte, sagte sie, er sei schön. Sein Danke klang wie ein Fragezeichen. Es stand hilflos zwischen ihnen auf dem grauen Boden aus Stein.
„Sie haben meine Dunkelheit erleuchtet“, sagte sie. „Mit Ihren Worten. Sie schimmern hell. Wie die Gesten eines Pantomimen.“