Bevor des letzten Tages Kerze ausgebrannt,
will ich lernen, hellwach die Nacht zu verehrn.
Nicht die eine, die alle erwartet,
nein, jede, die mir enthüllt,
was kein Tag mir zeigen kann.
Denn du, finstre Nacht,
schenkst mir der Sterne Leuchten,
während du selbst dich im Mondlicht sonnst.
Im Meer der Träume
schlägst du meine Angstfregatten leck
und lässt sie in dir untergehn.
Wenn alles Licht sich verdrückt
Wenn alles Licht sich verdrückt,
möcht ich lernen,
wie Moos im Schatten zu gedeihn.
Möcht in eigner Winzigkeit
Wälderweiten finden,
in denen sinnloses Suchen
furchtlos sich verläuft.
Vielleicht würdest dann du
gern die Ameise sein,
die in mir ihr Fleißgewand verliert
und mit mir zusammen findet,
was uns erdet.
Hin zu dir
Könnt ich doch sein
wie die Bäume,
sein ohne Wortgetös,
das souflierender Stille
die Sprache nimmt.
Dann könnt ich
beredter Lautlosigkeit lauschen,
sie atmen hörn,
bis eigne Gedanken
leis erklingen,
der Zeit die Grenzen sprengen.
Dann könnt
mein Denken wachsen
wie der Sonne Strahlen,
die die Erde küssen,
wie die mächtigen Äste
der Bäume.
Aus mir heraus,
hin zu dir.
Das große Plus
„Also, ich bin ja offen für so ziemlich alles“, sagte das linke Kirchenfenster zum rechten, „aber das ist mir zu schrill.“
„Was?“
„Das Kreuz da.“
„Wie hättste es denn gern?“
„Nicht so. So bunt und harmlos wie ’n Osterei. Ist doch schließlich ein Folterinstrument. Und Zeichen von finsterstem menschlichen Verhalten.“
„Alles richtig. Aber in diesem entdecke ich mehr.“
„Mehr?“
„Ja, sieh doch mal: ein leuchtendes Plus. Und das sagt, dass nach jeder noch so finsteren Zeit eine andere kommt. Eine, auf die man sich freuen kann. Und weißte, was mich total begeistert?“
„Sag’s!“
„Dass wir dieses Plus mit Licht erfüllen.“
Geblendet und begriffen
Es gibt ja Leuchten, die bringen es fertig, mich heftigst zu blenden. Und wenn ich dann gar nicht mehr anders kann, als die Augen zuzukneifen, erkenne ich plötzlich, dass sie nur ganz gewöhnliche Funzeln sind.
Was der Tisch so alles weiß
Ich wüsste ja zu gern, was ein Tisch, der so viele Jahre auf der Platte hat, erzählen würde – wenn er könnte. Was der wohl für Typen kennengelernt hat? Vielleicht weiß der sogar, wie es sich anfühlt, wenn einer über den Tisch gezogen wird. Wenn ja, dann hoffe ich mal, dass er die dabei entstandene Reibungshitze nicht allzu lange als Nestwärme fehlgedeutet hat. ?
Das Gute an Mauern
Ich bin ja wirklich kein Fan von Mauern, aber eines muss ich diesen Dingern lassen: Wenn es sie nicht gäbe, hätte ich nie diese Tür gefunden und den Ausblick genossen. ?
Wenn sich Türen öffnen
Mit dem Kopf durch die Wand
oder einfach mal ganz verdammt freundlich lächeln.
Dann sollen sich ja angeblich durchaus auch
Türen an Stellen öffnen, an denen man
überhaupt keine vermutet hat.
Vom Licht beschenkt
Wie schon ewig Angekommene
stehen sie da, bleiben wo sie sind,
fühlen sich vom Licht beschenkt,
das der Tag ihnen bringt,
stehen denen Spalier, „Vom Licht beschenkt“ weiterlesen
Lichtgestalten
Lichtgestalten
brauchen kein prächtiges Portal.
Sie kommen durchs kleinste Loch
und finden
selbst im finstren Schuppen
ihre große Bühne.
Andreas Klaene
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