Als wollt er
mit kristallnem Schimmer
sich bedanken,
rinnt der Tropfen
auf grüner Haut hinab,
setzt dem Zweig
die diamantene Krone auf.
Als dankte er dem,
der ihm Halt gibt,
ohne festzuhalten.
Noch einen Augenblick verharrend,
lässt er bald schon sich fallen.
Nicht davonmachend,
sondern ankommend,
wo er des Zweiges Wurzeln
tränken kann.
Kühle Beziehung
„Ich mach mir Sorgen um dich“, sagte der Winter zum Blatt.
„Wieso?“
„Weil du so deprimäßig herumhängst.“
„Ja und? Lass mich doch.“
„Ich würde aber schon gern wissen, was los ist.“
„Ach, alle haben sich davongemacht. Zuerst der Frühling, dann der Sommer und dann auch noch der Herbst, mit dem jeder Tag so herrlich bunt war.“
„Aha“, sagte der Winter. „Aber ich bin doch da. Und ich bleibe. Auf jeden Fall bis der Frühling wieder bei dir ist.“
„Das kann aber lange dauern.“
„Klar, aber daran siehste, dass `ne etwas kühlere Beziehung länger halten kann als `ne allzu heiße.“
Viel zu klein
„Was würde ich drum geben, wenn ich sein könnte wie du“, sagte der Tropfen.
„Hey, wie bist du denn drauf?“, fragte der Baum.
„Es geht nicht ums Wie, es geht ums Wo. Guck doch mal, wo ich bin. Oder lass es lieber. Findest mich ja eh nicht, so winzig wie ich bin. So winzig und leicht, dass nicht mal ein Spinnennetz unter mir zusammenbricht.“
„Ja und?“
„Wie, ja und?! Guck dich doch mal an. So riesig und stolz wie du da stehst, kann dich doch keiner übersehen. Vor einem wie dir bleibt doch jeder staunend stehen.“
„Lieber Tropfen, du übersiehst was.“
„Nämlich?“
„Ich bin nicht nur riesig, ich bin viel mehr.“
„Aha. Dann biste vielleicht auch noch arrogant?“
„Keine Ahnung, wie man das nennt. Ich weiß nur, dass meine Größe aus ganz vielen Kleinigkeiten besteht. Und die sind alle total wichtig. Aus Ästen und Zweigen und aus Nadeln, auf denen du nun bei mir bist. Also haben wir was gemeinsam.“
„Wir?“
„Ja, so wie ich nur durch meine Äste und Nadeln sein kann, kann auch die Wolke über mir nur durch dich sein. Und diese Wolke hab ich verdammt lieb.“
„Warum?“
„Sie gibt mir Lebendigkeit. Immer, wenn sie Typen wie dich zu mir lässt.“
Ich hänge doch an dir
„Lass mich los!“, flehte das Laub.
„Weh doch einfach weiter“, sagte der Weidezaun.
„Wie denn?“
„Du bist herangeweht, da wirste ja wohl auch wieder wegwehen können.“
„Schön wär’s. Ich häng doch an dir.“
„Wirklich? Oh, du liebes flatterhaftes Laub, Schöneres hättest du mir kaum sagen können.“
„Willst mich wohl auf den Arm nehmen.“
„Ne, will dir nur Halt geben.“
„Wieso denn?“
„Weil ich nicht will, dass du auf den Boden segelst und vermoderst. Außerdem, irgendwie glaube ich, mich durchaus an dich gewöhnen zu können.“
Zärtlich um des Zaunes Spitzen tanzend sagte das Laub: „Ich glaube, ich mich auch an dich.“
„Wie schön, aber dann lass uns aufpassen, dass das Schöne nicht zu gewöhnlich wird.“
Zart, zerbrechlich, zauberhaft
Zart, zerbrechlich, zauberhaft: die Spuren des Frühlings.
Eleganz des Hängenlassens
Also ich finde, mit noch mehr Grazie kann sich kaum einer hängen lassen.