Zu mir empor

Kennst nicht die Scheu,
mir in die Augen zu sehn.
Schaust meistens zu mir empor
und fühlst dennoch dich 
nie klein.
Deine Blicke kesseln mich ein,
sind Liebesanschläge
auf mein Sein, 
bringen meine Abwehr 
hinter Gitter,
bis ich beschenkt mich fühle
von deinen Augenblicken
und ahne, 
dass lebenslänglich
Erfüllung wäre.

Eine Vision

Klar finde ich es richtig, jede gute Gelegenheiten zu nutzen. Wenn man’s nicht tut, dreht sie einem den Rücken zu. Und dann steht man da. Genau da, wo ich jetzt rumstehe. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als diesen blöden Rücken zur Kenntnis zu nehmen. Ich mache das. Jedenfalls erstmal. ? Und indem ich das ein paar Sekunden lang gemacht habe, ist meine Anguckerei ganz unmerklich zum Betrachten übergegangen. Dabei spüre ich die sanften Formen schon fast in meiner Hand. Und das, obwohl ich hier überhaupt nichts anfasse. Also irgendwie muss da noch mehr passieren, denke ich. Das kann einfach nicht alles sein. Auf einmal steigt meine Stimmung. Ich bin froh, dass die Gelegenheit mir den Rücken gekehrt hat. Nun habe ich nämlich eine Vision. Eine, die sich wie ein Handschmeichler meiner Sinne anfühlt. ?

Das klappt nur bei meinem Hund

Ich brauche mir nur seinen Schwanz anzuschauen, dann weiß ich (ziemlich) exakt, was ihm durch den Kopf geht. Mit solcher Präzision klappt das aber nur bei meinem Hund (wobei die Betonung auf dem Wörtchen „meinem“ liegt). ?

Auch das merkt sie, die Kuh

Man kann ihn natürlich einfach nur ansehen. Man kann ihn aber auch streicheln. Man kann sich sogar auf ihn legen, auf diesen Rücken. Rein theoretisch. Wer das will, sollte die Besitzerin solch sanfter Hügelkette allerdings nicht für eine blöde Kuh halten. Das würde sie spüren, die Kuh. Sofort. Und dann würde nix mehr werden aus der Rumlümmelei in weich behaarten Rückentälern. In einem solchen Fall am besten nix wie weg. Wenn das nicht geht, unverzüglich mit dem Rücken zur Wand. Von dort aus schaut man sie an. Blickt ihr tief in die Augen. So lange, bis man sie mit völlig anderen Augen sieht. Denn auch das merkt sie, die Kuh.

Der hat `nen Vogel

Seine filigranen Füße umkrallten das blanke Metall des Stuhls. Er sah mich an. Schien gar nicht mehr aufhören zu wollen mit seiner Anguckerei. Verdrehte den Kopf, als hätte er Angst, an Halsstarre zu sterben. Sah mich exakt so an, wie es der Kellner zuvor gemacht hatte. Als er mich fragte, ob es mir geschmeckt habe. Aber diese Frage beschäftigte den Spatz nicht. Überhaupt nicht. Der wollte meinen Keks. Den, der sich auf meiner Untertasse in der Sonne räkelte. Ich rückte ihn raus. Konnte nicht anders. Er hatte so etwas Überzeugendes, dieser Spatz. Der sah aus, als hätte er `nen Vogel. Und er schien zu sagen: „Ich bin ein Star.“

Und dennoch finde ich sie riesig

Soeben noch lag sie neben mir, so starr wie ein Schwarzbrot. Alles, was für sie zählte, war das Zusammensein mit mir. Dann schnellt sie hoch. Und das nur, weil das Schreien der Wildgänse die abendliche Luft durchdringt. Dieser Klang alarmiert ihre Sinne. Ihr sezierender Blick durchsucht und zerlegt die Weite. Ich bin bei ihr und bin mit dem Ruf der Gänse zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft – und finde sie riesig.