Wie anders du doch bist, du alter Baum, so anders als ich. Weichst nie aus, stehst waldgöttlich da, wie einer, der schon immer dort gewesen. Bist Souverän in deiner Welt, die meine atmen lässt. Bist manchem im Weg, aber immer zur Stelle, bist Konfrontation auf geradem Weg zum Ziel, ein Wegweiser, der ohne ein Wort mir sagt, dass so manch Konfrontation, die ich meide, mehr Feigheit als Großmut ist.
Kennst nicht die Scheu, mir in die Augen zu sehn. Schaust meistens zu mir empor und fühlst dennoch dich nie klein. Deine Blicke kesseln mich ein, sind Liebesanschläge auf mein Sein, bringen meine Abwehr hinter Gitter, bis ich beschenkt mich fühle von deinen Augenblicken und ahne, dass lebenslänglich Erfüllung wäre.
Alles still, wie lahmgelegt, und doch von Stillstand keine Spur. Silbergrau gewandet feiern Zweige, Äste, Halme winterfestlich leis das Innehalten. Vom Sommerkleid befreit, sind sie bereit, des Frostes weißes Raugewand zu tragen. Beim Walzer klirrend kalter Zeit sich wiegend, erspüren sie im Miteinander der Sonne Weg vom Ich zum Du.
Möchte Augen haben, die nicht nur sehen, nicht nur beäugen, inspizieren, kalkulieren. Wünsche mir, dass sie Aufmerksamkeit verschenken und den Augenblick füllen mit einem Leben, das in der Seele hörbar wird.
Weit, weit draußen, dort, wo des Himmels weiße Wolkenkissen all irdisches Getöse still in Sanftheit betten, muss die Unendlichkeit zu Hause sein. Würd‘ sie so gern erreichen, eins mit ihr werden, in ihr schwebend eigene Gedankendeiche fluten. Viel zu lang schon stapft ich im Schlick meines Sehnens ihr hinterher, bis eigene Endlichkeit fast mich verschlungen. Nun schau‘ ich auf den Kompass, den sie mir geschenkt. Er sagt: Zur Unendlichkeit geht’s weder vor noch zurück. Sie ist in dir.
Oh Nacht, du musst sie lieben, all die Halme und Sprosse, die ihr Ich kaum erfahren, im Wir ein Leben lang Weide sind. Hast für sie in lichtfernen Stunden deine Schätze aus nachtkühlen Schatullen geholt, jeden Halm, jeden Spross mit deinem Tau geziert. Einen prachtvoller als den anderen. Und wenn der Tag zur Wachablösung dir gute Nacht gesagt, ist’s, als hättest du dein diamantenes Kleid abgestreift, damit des Morgens Sonne ihre eigne Pracht in der Weide glitzerndem Gewand erkenne.
Ich weiß, hier lässt sich üüüüüüüberhaupt nichts schönreden, denn dieser Text ist schlicht und (wenig) ergreifend nix als Werbung. 😉 Und zwar eine für meinen nächsten Kalender, für den des Jahres 2022. Aber was soll ich machen?! Schließlich waren es ganz, ganz viele von euch, die mich baten, sofort Bescheid zu geben, wenn der neue Kalender da ist. Nun ist es passiert: Im Verlag Calvendo ist mein Kalender 2022 erschienen. Darin philosophieren Fenster, Bäume und andere clevere Gestalten über das gute Leben. Titel: „… sagte das Fenster“. Formate: A 5, A 4, A 3 und A 2. Ist in jedem Buchhandel, direkt beim Verlag und bei Amazon zu bestellen. Mehr dazu erfahrt ihr auf meiner Website andreasklaene.de Übrigens: Das Motiv auf Seite 1 fiel mir auch diesmal im Nordseebad Dangast vors Objektiv. 😀
Hatte nicht mehr daran geglaubt, dich noch zu sehen, nicht an diesem Abend. Hatte nur darauf gehofft, ganz leis, kaum lauter als schläfriger Abendwind, der die Halme streift. Wie aus Waldes Zauberhand entsprungen bist du nun aufgetaucht, sichtbar geworden, nur weil du mich nicht siehst. Ich betrachte dich mit starren Lidern, will dich nicht vertreiben aus menschenferner Blätterwelt, erkenne in dir das Wesen, das nicht an gestern und an morgen denkt, das den Augenblick liebevoll mit Aufmerksamkeit beschenkt, und ich begreife, dass im Beobachten das Achten wohnt.
Weiß nicht, ob ich jemals dich gehabt. Bin nicht einmal mir sicher, ob ich weiß, wer du bist. Deine Schwester, das Glück, ist mir vertrauter. Sie ist ein seltsamer Vogel, kommt wie der Kuckuck mit lautem Ruf daher, legt ihr Ei ins fremde Nest, doch kann ich nicht halten, was daraus schlüpft. Es fliegt davon.
Wie oft schon lief ich dir hinterher, dir, meinem Glück. All mein Sehnen klebte an dir wie einst die Augen Suchender am Stern von Bethlehem. Schluss mit der Suche nach dem Glück. Will nicht mehr laufen stets hinterher.
Will da sein, wo ich bin, leis warten auf des Glückes Schwester. Zufriedenheit soll sie heißen, weder laut noch flatterhaft sein. Man sagt, sie brauche nicht viel für ihr Glück. Nur ein Zuhause. Ich will es ihr geben, tief in mir. Und sie liebkosen. Bis Zufriedenheit in mir wohnen mag und mich zum Frieden lenkt.
Manchmal, wenn ich die Welt nicht versteh, wenn Andersartigkeit mich erschrickt, könnt ich versuchen, durch fremde Augen auf sie zu sehn. Dann wäre mein Sehen nicht mehr gefangen in der Zelle eigener Norm. Es flöge hinaus, schwebend über Gedankengrenzen, könnte sehen, was ich nie sah, und würde Begeisterung in mir säen, wo Argwohn wuchernd wächst. Bald würd ich entdecken, wie aus Begeisterung Aufgeschlossenheit keimt. Dankbar werd ich sie ernten und im Anderssein Buntheit sehn, die meinem Tun neue Farben gibt. So könnt ich mich verlieben. In dich und dich und mich. Denn zusammen wären wir das Blütenfeld, aus dem die Welt ihren Nektar zieht.