Zu nahe

„Darf ich mal ganz ehrlich sein?,“ sagte der eine Baum zum anderen.
„Klar, immer. Weißt doch, wie ich es liebe, wenn du ganz offen bist. Also sag schon!“
„Ich finde einfach, du gehst zu weit.“
„Wie meinst du das?“
„Du kommst mir zu nahe.“ ??

Erfüllende Leere

„Diese ewige Leere macht einen ja ganz fertig“, sagte die rechte Schüssel zur linken.
„Find ich eigentlich gar nicht so schlecht“, sagte die linke.
„Hey, du hast wohl ’n Sprung! Von so ’ner Leere hat man doch nix.“
„Kann ich nicht behaupten.“
„Wie bitte? Was haste denn davon?“
„Platz für Erfüllung.“ ?

Dachpfannen-Geständnis

„Du“, sagte die obere Pfanne zur unteren, „ich fühl mich dir so nahe.“
„Kein Wunder“, sagte die untere, „so eng wie wir hier zusammenliegen.“
„Nu lass doch mal, ich mein das ernst.“
„Is schon gut, mir geht’s doch genauso.“
„Also ich könnte mir gar kein Leben mehr mit ’ner anderen Pfanne vorstellen“, sagte die obere.
„Mit ’ner Pfanne vielleicht nicht, aber wenn der Wind kommt, biste gleich wieder weg. Auf so stürmische Typen fährst du doch ab.“
„Sag doch sowas nicht. Is doch lange her. Damals wollte ich nur mal schweben. Aber lieben tu ich nur dich.“
„Biste dir sicher?“
„Total.“
„Wieso?“
„Weil du mir Weite gibst.“
„Gibt der Wind dir auch.“
„Ja, aber nur bis er sich legt.“ ?

Die Leichtigkeit von einst

„Dich kenn ich doch“, sagte der Museumsbesucher zum Ballonhund und blieb mit großen Augen vor ihm stehen.
„Ne, mich haste noch nie gesehen“, sagte der luftige Riese.
„Woher willst du das wissen?“
„Wenn ich dir vertraut wäre, würdest du nicht sofort dein Handy zücken und mich fotografieren.“
„Doch, ich kenn dich.“
„Nein“, sagte der Hund, „ich erinnere dich nur an etwas. An etwas Schönes.“
„An was solltest du mich schon erinnern?“
„An deine Geburtstage. An die, als du noch klein warst. Da schwebten Typen wie ich bei dir durchs Zimmer. Aber nur im Kleinformat. Sie waren so leicht wie du dich fühltest.“
„Stimmt, aber wieso bist du so riesig?“
„Weil du mich sonst nicht sehen würdest.“
„Du, ich hab nix mit den Augen.“
„Mag sein, aber du hast nicht mehr die Leichtigkeit von einst. Und die braucht man, um mich auch im Kleinformat bewundern zu können.“

Ob da alle verliebt sind?

„Ich überlege gerade, ob die tatsächlich alle verliebt sind“, sagte die Straße zum Schild, „oder ob’s die nur zum Platz der Verliebten zieht, weil sie auf der Suche sind.“
„Auf Suche sind doch alle“, sagte das Schild.
„Verliebte doch nicht. Die haben doch, was sie wollen.“
„Längst nicht alle“, sagte das Schild. „Manche suchen in ihrer Liebe sowas wie ’ne ewige Heimat.“
„Das klingt irgendwie schön.“
Die Straße überlegte: „Und wenn man die bekommen hat, was ist dann? Passiert dann noch was?“
„Schon möglich. Aber nur, wenn man sich zusammen auf die Reise macht.“ ?